Selbstreflexion – Erklärung und Praxis – Mit persönlicher Entwicklung durchstarten

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Selbstreflexion hat maßgeblichen Einfluss auf unser Wohlbefinden und unsere Erfolge. Bringen Sie in Erfahrung, was Selbstreflektion leisten kann und warum sie jeder ohne viel Aufwand umsetzen kann. Außerdem lesen Sie von den Einsichten eines Experten und welche Techniken es gibt. Holen Sie sich jetzt die wichtigsten Infos.

Was ist Selbstreflexion?

Selbstreflexion ist eine Methode aus dem Bereich der Persönlichkeitsentwicklung. Schon die alten Griechen, allen voran der berühmte Philosoph Sokrates, lebten nach dem Motto: „Erkenne dich selbst.“  Selbstreflexion ermöglicht uns das Lernen aus eigenen Fehlern und hilft uns, uns besser zu verstehen. Dies gelingt, indem wir unsere Sinne für die eigene Seelenlandschaft schärfen und über den Tellerrand hinausschauen.

In der Hektik des Alltags ist Selbstreflexion eine bewusste Verlangsamung und beginnt mit Selbstdistanzierung. Wir verlassen die Perspektive des handelnden Akteurs und praktizieren stattdessen Selbstbeobachtung. Dafür brauchen wir ein ruhiges Zeitfenster. Dieses kann völlig variabel gewählt werden. Es gibt keinen Zeitpunkt, an dem man am besten über sich selbst nachdenkt. Selbstreflexion beginnt mit einem Prozess, der Selbstaufmerksamkeit genannt wird. Das bedeutet, dass wir unsere Aufmerksamkeit auf unser Verhalten, Gedanken oder Emotionen lenken. Die Gesamtheit dieser Dinge wird auch Selbstkonzept genannt. Selbstreflexion ist Auseinandersetzung und Veränderung des eigenen Selbstkonzepts.

Kann jeder Selbstreflexion lernen? Was brauche ich?

Die gute Nachricht zuerst: Jeder Mensch besitzt Reflexionsfähigkeit und hat eigentlich sogar erste Erfahrungen mit Selbstreflexion, da wir uns auch unbewusst im Alltag oft hinterfragen und reflektieren. Selbstreflexion bringt dieses Alltagsphänomen jedoch auf eine bewusste Ebene. Wenn Sie mit Selbstreflexion beginnen möchten oder Ihre Praxis verbessern wollen, gibt es dennoch ein paar Dinge, die zu beachten sind. Wir brauchen ein Zeitfenster, indem wir uns reflektieren wollen. Das muss kein fester Zeitpunkt sein, aber ein Ritual, wie zum Beispiel das Spazierengehen nach dem Abendessen, ist hilfreich bei der Umsetzung einer Selbstreflexions-Praxis.

Außerdem braucht man eine geeignete Methode – daher stellen wir Ihnen gleich eine Auswahl vor! Nicht notwendig, aber sicherlich hilfreich ist Offenheit für das, was Ihnen bevorsteht, wenn Sie sich hinterfragen. Keine Angst, Selbstreflexion soll mit einer wohlwollenden Einstellung sich selbst gegenüber betrieben werden. Es geht nicht darum, sich die eigenen Schwächen schonungslos vor Augen zu führen und sich deswegen fertig zu machen. Selbstreflexion ist ein konstruktiver Prozess, der uns recht schnell erste Erfolgserlebnisse bescheren wird. Eine kleine Hilfestellung für die Selbstreflexion ist unser Artikel zum Thema Mindset. Schauen Sie ihn doch gleich im Anschluss an! Mit dem richtigen Mindset fällt Selbstreflexion direkt viel leichter.

Warum ist Selbstreflexion so wichtig? Welche Vorteile hat sie?

Wir leben in einer Leistungsgesellschaft, die im Arbeitsleben herausfordernde Ansprüche an uns stellt. Nicht selten fühlen wir uns fremdbestimmt und gestresst. Selbstreflexion ist ein Schritt zurück aus dem Chaos des Alltags, der uns hilft, unsere Lebensziele mit der gegenwärtigen Situation in Einklang zu bringen und aus der Bahn Geratenes wieder in die Spur zu bringen. Nicht selten führt Selbstreflexion zu Verhaltensänderungen, die wiederum veranlassen können, dass wir unsere Potentiale erkennen und nutzen lernen.

Fortschritt entsteht hier durch den Blick zurück und das Reflektieren des eigenen Erlebens und Verhaltens in der Vergangenheit. Sei es die Situation im letzten Teammeeting und den Gefühlen, die mit der Situation einhergingen oder der Streit mit dem besten Freund, der beklemmende Gedanken hinterlassen hat – Selbstreflexion hilft uns bei der Bewältigung einer unglaublichen Vielfalt von Situationen. Eine gute Selbstreflexions-Praxis kann die Sinnhaftigkeit in unserem Leben bedeutend verändern – dies geschieht nicht zuletzt durch die Auseinandersetzung mit eigenen Lebenszielen. Wir Menschen haben das Bedürfnis, selbstbestimmt zu leben, ein Bedürfnis, das mit Autonomie umschrieben wird. Ein selbstbestimmteres Leben zu führen, ist somit ein zentraler Bestandteil unserer Anstrengungen und natürlich ist Selbstreflexion dabei vorteilhaft. Doch auch für jemanden, der im Einklang mit seinen Zielen lebt und einen Beruf ausübt, der ihn vollkommen ausfüllt, ist die Reflexion des eigenen Erlebens und Verhaltens sinnvoll, da sie auch Leistungssteigerungen verursachen kann.

Selbstreflexion wäre nicht Selbstreflexion, wenn sie nicht zu Verbesserungen in unseren sozialen Beziehungen führen würde, die eine wichtige Komponente unseres Lebens ausmacht. Unsere zwischenmenschlichen Beziehungen können an Tiefe und Kraft gewinnen, wenn wir während unserer Selbstreflexion über uns in Beziehungen nachdenken. Plötzlich stellen Sie fest, dass Sie die Begeisterungsfähigkeit Ihrer Kollegin so beeindruckt, und in Ihrem nächsten Gespräch können Sie es ihr direkt sagen. Das eröffnet neue Horizonte und Gesprächsthemen. Selbstreflexion hat einen weiteren bedeutenden Vorteil – sie bringt uns lösungsorientiertes Denken bei. Durch die bewusste Auseinandersetzung mit unseren Gedanken, Handlungen und Emotionen richtet sich der innere Blick wie von selbst auf den Raum von Möglichkeiten, der uns zum Erreichen unserer Ziele zur Verfügung steht. Die Wichtigkeit und die Vorteile von Selbstreflexion sind unbestritten. Nachdem Sie sich nun umfassend informiert haben, werfen wir einen Blick auf Methoden und Fragen, die uns von der Theorie zur Praxis führen.

Vorteile von Selbstreflexion

Welche Methoden gibt es zur Selbstreflexion?

Selbstreflexion kann auf vielfältige Art und Weise geschehen, daher ist es nun Zeit für einen kleinen Überblick, mit dem wir Ihnen die bekanntesten Methoden vorstellen.

Journaling

Ein wissenschaftlich gut abgesicherter Ansatz ist das sogenannte Journaling oder Tagebuch schreiben. Dabei geht es nicht darum, dass wir unseren Tagesverlauf minutiös abbilden, sondern in einer relativ kurzen Zeit ein paar Fragen beantworten. Je nach Vorliebe kann man das am Computer oder mit einem Blatt Papier und einem Stift machen. Es gibt mittlerweile sogar eigens für diesen Zweck produzierte Journale. Fragen, die man sich dabei typischerweise stellen kann, variieren je nach Tageszeit und Absicht:

Morgens

  • Was sind heute Gelegenheiten, um zu lernen und als Mensch zu wachsen?
  • Was kann ich heute tun, um meinen Zielen näherzukommen?
  • Wie kann ich mein persönliches Wachstum heute fortsetzen?

Abends

  • Was ist mir heute Schönes passiert? (drei Beispiele)
  • Was habe ich heute über mich gelernt?
  • Welche Möglichkeiten gab es, mehr aus dem Tag zu machen?

Die Handformel

Eine weitere Methode ist die sogenannte Handformel. Jeder Finger steht für eine bestimmte Frage. Dann muss man nur noch Ort und Zeit festlegen und geht die Fragen pro Finger durch. Übrigens: Eine Intention mit einem konkreten Ort und einem konkreten Zeitpunkt auszustatten, erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass wir unsere Absichten umsetzen. Eine Variation der Handformel besteht darin, sich eigene fünf Fragen für jeden Finger zu überlegen. Dadurch kann diese Übung noch personalisiert werden.

Selbstreflexion Trick: Die Handformel

Der Selbstdialog

Als letztes möchten wir Ihnen noch einen absoluten Klassiker im Bereich der Selbstreflexion vorstellen. Er ist denkbar einfach und erfordert lediglich eine ruhige Minute. Bei dieser Methode handelt es sich um den Selbstdialog. Es ist ein Frage-Antwort-Schema, bei dem Sie sowohl die Fragen stellen als auch die Antworten geben. Das muss nicht laut ausgesprochen werden, sondern kann auch im stillen Kämmerlein gemacht werden. Als erste Orientierung zeigen wir Ihnen einige Fragen, die sich für die Selbstreflexion eignen. Auch hier kann es sinnvoll sein, mit 5 Fragen zu starten:

  • Welche Eigenschaften zeichnen mich besonders aus?
  • Welche Gefühle erlebe ich im Laufe eines Tages?
  • Was sind die Gründe für meine Motivation?
  • In welchen täglichen Handlungen äußert sich die Sinnhaftigkeit meines Lebens?
  • Habe ich eine gute Strategie, um meine Ziele zu erreichen?
  • Was sind meine Ziele für die Zukunft?
  • Wie ist meine Beziehung zu Kollegen, Freunden und Familie?
  • Was gab es heute für Situationen, in denen ich die beste Version von mir selbst war?
  • Was habe ich heute für Momente erlebt, in denen ich einfach glücklich war?
  • Was macht mich glücklich?
  • Welche Dinge würde ich in meinem Leben auf der Stelle ändern, wenn ich könnte?
  • Habe ich selbst beschränkende Glaubenssätze, die mir eventuell noch gar nicht bewusst sind?
  • Welche Werte sind mir besonders wichtig?
  • Wie äußern sich meine Werte in meinen Handlungen?
  • Welche Erfahrungen in meinem Leben sind besonders wichtig für mein eigenes Selbstbild?
  • Welche Bereiche in meinem Leben sind zurzeit kompliziert? Was sind die Gründe dafür?
  • Was ist mir im Leben wichtig?
  • Wie stehe ich zu mir selbst?
  • Was ist meine größte Angst?
  • Was sind meine Stärken?
  • Wie und wo kann ich meine Stärken gezielt einsetzen?
  • Was bedeutet Erfolg für mich?

Nachdem wir Ihnen den Gegenstand der Selbstreflexion näher gebracht haben, die wenigen Voraussetzungen beschrieben haben und uns schließlich die Vorteile einer solchen Praxis vor Augen geführt haben, soll nun in einer kurzen Q&A unser Experte Sebastian Wächter zu Wort kommen.

Über den Autor - Sebastian Wächter

Sebastian Wächter hat als 18-Jähriger die radikalste Veränderung seines Lebens erfahren. Er stürzt beim Wandern und bricht sich das Genick. Seitdem sitzt er im Rollstuhl - er ist querschnittsgelähmt und kann weder seine Beine noch seine Finger bewegen. Auch ein Großteil seiner Armmuskulatur ist gelähmt. Dennoch gelingt es ihm, sich ein eigenständiges Leben und seine Selbstständigkeit zurückzuerobern. Er hat über Jahre ein Mindset entwickelt, durch das er es geschafft hat, große Herausforderungen zu meistern und ein erfolgreiches Leben zu führen. Die Grundlage hierfür war allerdings ein langer Weg zur Akzeptanz seines Schicksals, erst hierdurch startete seine erfolgreiche Veränderung. Heute ist Sebastian Keynote Speaker und gibt Unternehmen Impulse, wie aus Veränderung auch Fortschritt werden kann. Er wurde inzwischen mehrfach ausgezeichnet und gehört zu den "Top-100-Speakern" von Speakers Excellence. Ebenso unterstützt er als Coach Privatpersonen im Umgang mit Veränderung. Sein neues Buch trägt den Titel „Change Mindset“.

5 Fragen zu Selbstreflektion an Sebastian Wächter

1. Wann hast Du mit Selbstreflexion angefangen?

Nach meinem Unfall, ich war gerade 18 Jahre alt, durchlebte ich eine besonders schwierige Zeit und hatte viele Herausforderungen auf einmal. Das fing mit den plötzlich nicht mehr selbstverständlichen Themen an wie Anziehen, Duschen und Essen und hörte mit Fragen über meine Zukunft als selbstbestimmter, junger Mann auf. In dieser Zeit habe ich angefangen, über die verschiedenen Herausforderungen in meinem Leben bewusst nachzudenken. Nach dem Abendessen begann ich meinen Tag zu reflektieren: Was war gut gelaufen? Wo gab es unerwartete Schwierigkeiten? Was sind meine Ziele für den nächsten Tag?

2. Was hat sich in Deinem Leben durch Selbstreflexion verändert?

An erster Stelle hat sie das Verständnis und Wissen für und über mich selbst geschärft. Wer bin ich? Was will ich? Was brauche ich? Diese Fragen habe ich mir beantwortet und beantworte sie mir immer wieder neu. Dadurch ist sozusagen ein Gefühl von Kongruenz in mein Leben gekommen. Auch für die Umsetzung von meinen Zielen und die Verbesserungen in Prozessen in meiner Selbstständigkeit hat mir die Selbstreflexion wichtige Dienste geleistet. Sie hat eine Art Metaebene in mein Leben integriert, auf der ich mein Erleben und Verhalten besser steuern kann.

3. Wie praktizierst Du Selbstreflexion?

Ich hatte ja eingangs schon gesagt, dass ich damals abends angefangen habe, den Tag zu reflektieren. Das mache ich heute etwas anders. Ich bin flexibler geworden und habe keine feste Uhrzeit mehr für die Selbstreflektion, sondern eher ein intuitives Verständnis dafür entwickelt, wann es notwendig ist, den Blick nach innen zu richten. Ich nehme häufig einen besonderen Aspekt meines Lebens unter die Lupe, zu dem ich mich dann intensiv selbst befrage. Das kann zum Beispiel meine Ehe sein oder ein Thema wie Freundschaft oder Finanzen oder Gesundheit.

4. Was empfiehlst Du einem Menschen, für den das Thema neu ist?

Mach dir auf keinen Fall Druck und sei nicht zu selbstkritisch. Das kann dem Prozess nur schaden. Es geht darum, möglichst offen zu sein für das, was die Selbstreflexion an die Oberfläche bringt. Das kann sowohl positive als auch negative Gefühle hervorrufen. Beides ist OK. Im Falle von negativen Gefühlen ist es allerdings wichtig, konstruktiv damit umzugehen, weil sie eigentlich nur ein Hinweis sind. Sie haben eine Art Signalfunktion und helfen uns, Bereiche zu identifizieren, die momentan nicht gut laufen. Jede Entdeckung ist willkommen. Außerdem empfehle ich, die Selbstreflexion mit einem Ritual zu verbinden. Das ist gerade am Anfang hilfreich. Eine schöne Tasse vom Lieblingstee, ein gemütlicher Platz auf der Couch und dann den Blick nach innen richten. Wichtig ist immer eine gewisse Ruhe, denn ohne wird es tendenziell schwierig.

5. Was war denn ein ganz besonderer Moment Deiner Selbstreflexion?

Als ich durch einen Freund vom Rollstuhl-Rugby zum Coaching gekommen war und gleichzeitig in meiner Tätigkeit als Aktienanalyst nicht so zufrieden war, half mir meine Selbstreflexion besonders viel. Ich reflektierte zu dieser Zeit viel darüber, wie es beruflich weitergehen sollte und dachte über die verschiedensten Möglichkeiten nach. Plötzlich kam es mir dann eines Abends. Warum nicht meine Expertise in betriebswirtschaftlichen Fragen mit meiner neuen Kompetenz aus dem Coaching vereinen? Die unzähligen Momente, in denen ich über meine Zukunft nachgedacht hatte, akkumulierten sich plötzlich zu dieser Erkenntnis, dass ich Changemanagement in Unternehmen aus einer anderen Perspektive begleiten könnte. Wenn man bedenkt, dass wir heute bei Barrierefrei im Kopf namhafte Kunden betreuen und es einer der Mittelpunkte meines Lebens geworden ist, dann kann ich schon rückwirkend sagen, dass Selbstreflexion wirklich eine außerordentliche Bedeutung in meinem Leben hatte und hat.

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