Was bedeutet Anpassungsfähigkeit?
Anpassungsfähigkeit ist die Fähigkeit, sich schnell und ohne Probleme auf neue Situationen und Herausforderungen einzustellen. Anpassungsfähige Personen sind bereit, flexibel zu handeln, und offen für Veränderungen. Anpassungsfähigkeit kann sich auf die innere Einstellung beziehen, aber auch auf Arbeitsabläufe, Geschäftsprozesse oder organisatorische Gegebenheiten. Anpassungsfähigkeit ist die Kernkompetenz des Menschen, um in privaten Krisen zu bestehen oder um berufliche Herausforderungen zu meistern.
Jeder Mensch kann anpassungsfähig sein
Im Jahr 2020 hat die Corona-Pandemie gezeigt, wie viele Menschen und Unternehmen anpassungsfähig sind. Durch Videokonferenzen beispielsweise haben sich ganz neue Möglichkeiten ergeben. Unternehmen werden langfristig von diesen Möglichkeiten profitieren. Teure Dienstreisen können gegen Video-Meetings ersetzt werden, lange Wege zur Arbeit werden überflüssig. Das hilft, das Klima zu retten und Stress vorzubeugen. Es lohnt sich also, anpassungsfähig zu sein.
Ein anderes Beispiel ist die Kommunikation im Privatleben. Inzwischen spielt es keine Rolle mehr, wie weit weg sich Freunde oder Verwandte befinden. Mit Laptop oder Smartphone können Gespräche oder Video Calls weltweit stattfinden. Heute hat jeder die Möglichkeit, problemlos mit seinen Angehörigen zu kommunizieren, sofern er offen für Neues ist und sich anpassungsfähig zeigt für die Digitalisierung.
Anpassungsfähig sein, heißt, agil sein
Ob große oder kleine Veränderungen, das Leben fordert uns immer wieder heraus. Dabei stellt sich die Frage, wie man möglichst unbeschadet durch schwierige Zeiten kommt? Geistige Flexibilität spielt dabei eine große Rolle.
Es muss nicht immer ein einschneidendes Erlebnis sein - wie zum Beispiel der Ausnahmezustand während der Corona-Welle. Schon wesentlich kleinere Veränderungen können uns ziemlich herausfordern. Durch Umstellungen im Arbeitsalltag oder im Privatleben wird unsere Anpassungsfähigkeit oftmals auf die Probe gestellt.
Bringen wir es einmal mit aller Sachlichkeit auf den Punkt: Allein mit Beharrlichkeit können wir in besonderen Lebensumständen nicht bestehen. Warum ist das so? Ein Blick in die Natur hilft da weiter. Ein Baum, der sich biegsam im Sturm wiegt, läuft weniger Gefahr als einer, der starr dem Sturm trotzen will. Genau diese Eigenschaft macht die Anpassungsfähigkeit, die geistige Flexibilität zu einer der wichtigsten Fähigkeiten im Arbeits- und Privatleben.
Biegsamkeit bedeutet jedoch nicht, sich zu verbiegen, im Sinn von sich selbst untreu zu werden. Anpassungsfähigkeit im Sinne einer geistigen Beweglichkeit, die es uns leichter macht, auf Überraschungen des Lebens zu reagieren und damit klarzukommen, ist gefragt. Vergleichbar ist dies mit einem Fänger im Sport, der immer in Bewegung bleibt, um die Bälle zu erreichen, die ihm vom Mitspieler zugeworfen werden. Wer fähig ist, sich auf Veränderungen einzulassen, und auch einmal Neues ausprobiert, wird entspannter und positiver mit Umstellungen umgehen können.
Anpassungsfähigkeit hat also viel Potential. Wir haben mehr Handlungsfreiheit, finden neue Wege. Sie bietet uns die Chance zur Weiterentwicklung und darüber hinaus werden neue Verknüpfungen von Nervenzellen im Gehirn angeregt. Wer geistig flexibel ist, wird unbefangen, kompromissbereit und kann schneller und besser umdenken. Dies ist eine ideale Voraussetzung, um kreativ mit Neuerungen, Ängsten oder Krisen umzugehen. Vielleicht kann sich sogar etwas ursprünglich Negatives in etwas Positives verwandeln.
"Wenn der Wind des Wandels weht, bauen die einen Schutzmauern und die anderen Windmühlen"
- (Chinesisches Sprichwort) -
Wann ist man anpassungsfähig?
“Weder die intelligenteste noch die stärkste Spezies überlebt, sondern die angepassteste”
Der Ausdruck “Survival of the Fittest” wurde durch den britischen Sozialphilosophen Herbert Spencer geprägt und von Charles Darwin in seinem Werk “Die Entstehung der Arten” übernommen.
Diese Kernaussage lässt sich auch auf die Anpassungsfähigkeit übertragen. Wir müssen uns anpassen, um Krisen zu überstehen oder als Organisation am Markt zu bestehen.
Anpassungsfähigkeit lässt sich ein Leben lang trainieren. Eine hohe Adaptabilität kann darüber entscheiden, wie viel wir lernen, wie wir aus Krisen hervorgehen und wie gut wir auf Unvorhergesehenes reagieren. Es ist also sinnvoll, die eigene Anpassungsfähigkeit zu steigern oder auch die Anpassungsfähigkeit in Unternehmen zu fördern.
Verschiedene Autoren ( E. Pulakos, S. Arad, M. Donovan und K. Plamondon) veröffentlichten eine Studie, in der sie acht Dimensionen von Anpassungsfähigkeit aufzeigen:
Körperliche Anpassungsfähigkeit:
Menschen sind bereit, physisch an ihre Grenzen zu gehen und sich anzustrengen.
Persönliche Anpassungsfähigkeit:
Sie stehen anderen Meinungen offen gegenüber und hinterfragen auch die eigenen Ansichten.
Lernbereitschaft:
Sie begeistern sich für neue Arbeitsweisen und Technologien.
Kulturelle Anpassungsfähigkeit:
Sie begegnen anderen Werten, anderen Gruppen und Kulturen offen.
Ambiguitätstoleranz:
Menschen können auch Unsicherheiten akzeptieren und dennoch handlungsfähig bleiben.
Stresstoleranz:
In belastenden Situationen agieren sie ruhig und gelassen.
Krisenmanagement:
Menschen analysieren Optionen objektiv und treffen schnelle Entscheidungen.
Problemlösungskompetenz:
Sie finden innovative Lösungen für komplexe Probleme.
Anpassungsfähig ist somit derjenige, der die Fähigkeit besitzt, auf veränderte Situationen zu reagieren und sein Verhalten entsprechend anzupassen,
- der offen ist für neue Möglichkeiten und andere Meinungen,
- der offen ist für Situationen und andere Sichtweisen und
- der den eigenen Egoismus loslässt und mit unkomfortablen Unbekannten umzugehen lernt.
Ist Anpassungsfähigkeit immer positiv oder auch negativ?
In beinahe jeder Stellenanzeige wird Flexibilität und Anpassungsfähigkeit gefordert. Aber ist diese Forderung auch gerechtfertigt? Zu viel Anpassung könnte Mitarbeiter auch davon abhalten, ihre eigenen Ideen zu äußern, und ihre Kreativität einschränken. Das wäre dann ein immenser Nachteil für das Unternehmen.
Stellen Firmen neue Mitarbeiter ein, dann sind diese in ihrer Art meist ähnlich der bereits vorhandenen Belegschaft. Das ist nachvollziehbar, da es damit für den neuen Mitarbeiter zu geringeren Anpassungsschwierigkeiten kommt.
Andererseits können sich so aber auch keine neuen Ideen und Innovationen entwickeln. Wenn alle Mitarbeiter immer eine ähnliche Meinung haben, gibt es keinen Fortschritt. Zu viel Angepasstheit an eine Gruppe kann zu dem Problem führen, das unter dem Namen “Groupthink” bekannt ist. Darunter versteht man das Gegenteil von Schwarmintelligenz (der Fähigkeit einer Gruppe, intelligente Verhaltensweisen hervorzubringen). Die gemeinsame Gruppenmeinung muss nicht immer die beste Lösung hervorbringen. Sie kann - im Gegenteil - auch neue gute Ideen verhindern und berechtigte Zweifel gar nicht erst aufkommen lassen. Damit kommt dann die berühmt-berüchtigte Betriebsblindheit zum Zuge.
Anpassungsfähigkeit bringt jedoch auch große Vorteile mit sich. Eine Forschungsgruppe der Saint-Louis-University in den USA hat in einer großen Studie die Daten zum Thema Anpassungsfähigkeit verglichen. Sie kamen zu dem Ergebnis, dass Menschen, die über große Anpassungsfähigkeit verfügen, im Regelfall auch ein heiteres Gemüt besitzen. Anpassungsfähigkeit und Optimismus können also in Zusammenhang gebracht werden. Je anpassungsfähiger ein Mensch ist, desto zufriedener und auch glücklicher scheint er zu sein. Mit Anpassungsfähigkeit vereinen sich auch noch weitere Eigenschaften, die beruflich voranbringen können. Das sind neben Gewissenhaftigkeit, Offenheit, Verträglichkeit mit anderen, Sorgfältigkeit bei der Ausführung übertragener Aufgaben auch Wissbegierigkeit, vorausschauendes Handeln oder Geselligkeit.
Gewiss sind diese Eigenschaften nicht bei allen Menschen im gleichen Maße ausgeprägt. Anpassungsfähige Menschen haben diese Wesensmerkmale jedoch eher als diejenigen, die Probleme damit haben, sich anzupassen.
Wie kann man seine Anpassungsfähigkeit verbessern?
Für manche Menschen ist die Anpassungsfähigkeit schwer, manchen fällt sie leicht. Doch auch wer sich damit schwer tut, kann sich durchaus weiterentwickeln. Im Folgenden sind einige Vorschläge aufgeführt, wie Anpassungsfähigkeit aufgebaut und erweitert werden kann:
Verbesserung der Fähigkeit, Probleme zu lösen
- Das Problem, das gelöst werden muss, erkennen.
- Verschiedene mögliche Lösungen zusammentragen.
- Die Lösung definieren.
- Die Lösung organisieren und umsetzen.
So können Probleme besser erkannt und zielgerichtet nach Lösungen gesucht werden. Je häufiger diese Methode angewendet wird, desto leichter können Probleme gelöst werden und die erforderliche Routine stellt sich ein.
Den richtigen Umgang mit Veränderungen lernen
- Einen positiven Umgang mit Veränderungen pflegen.
- Lernen, in jeder Situation eine Chance zu erkennen.
- Risikobereit sein und das Ergebnis des Vorgehens akzeptieren.
- Auch in schwierigen Situationen zuversichtlich bleiben.
- Bei Bedarf auch Unterstützung annehmen.
- Nicht zu selbstkritisch sein, denn Veränderungen bleiben immer eine Herausforderung.
Neuen Situationen aufgeschlossen gegenüberstehen
- Der neuen Situation auf den Grund gehen.
- Aktiv zuhören, wenn es Neues zu erfahren gibt.
- Mit etwaigen Urteilen zurückhalten, bis alle Informationen vorliegen.
- Die aktuelle Situation aus allen Blickwinkeln betrachten und alle vorstellbaren Möglichkeiten in Betracht ziehen.
Das eigene Ego hinten anstellen
- Die eigene Perspektive vom Ich auf die anderen lenken.
- Sich von den eigenen Vorstellungen lösen, in welche Richtung die Lösungen gehen sollen.
- Lernen, das Ergebnis zu schätzen, ganz egal wie es aussieht.
- Wer das eigene Ego hinter sich lässt, kann andere Perspektiven klarer sehen.
- Achtsamkeit praktizieren.
- Akzeptieren, was geschehen ist und sich nicht mehr ändern lässt.
- Sich auf das konzentrieren, was gerade jetzt geschieht.
- Sich auf diejenigen Punkte konzentrieren, die sich ändern lassen.
Die eigene Komfortzone verlassen
- Wer nur die Dinge tut, die er schon kennt, ist weniger gut auf sich ergebende Veränderungen vorbereitet.
- Sich in neue herausfordernde Situationen begeben.
- Anstatt auf Anweisungen zu warten, neue Ideen selbst einbringen.
Über den Autor - Sebastian Wächter
Sebastian Wächter hat als 18-Jähriger die radikalste Veränderung seines Lebens erfahren. Er stürzt beim Wandern und bricht sich das Genick. Seitdem sitzt er im Rollstuhl - er ist querschnittsgelähmt und kann weder seine Beine noch seine Finger bewegen. Auch ein Großteil seiner Armmuskulatur ist gelähmt. Dennoch schafft er es, sich ein eigenständiges Leben und seine Selbstständigkeit zurückzuerobern. Er hat über Jahre ein Mindset entwickelt, durch das er es geschafft hat, große Herausforderungen zu meistern und ein erfolgreiches Leben zu führen. Die Grundlage hierfür war allerdings ein langer Weg zur Akzeptanz seines Schicksals, erst hierdurch startete seine erfolgreiche Veränderung. Heute ist Sebastian Keynote Speaker und gibt Unternehmen Impulse, wie aus Veränderung Fortschritt werden kann. Er wurde inzwischen mehrfach ausgezeichnet und gehört zu den "Top-100-Speakern" von Speakers Excellence. Ebenso unterstützt er als Coach Privatpersonen im Umgang mit Veränderung. Sein neues Buch trägt den Titel „Change Mindset“.
Beispiele für Anpassungsfähigkeit
Anpassung der Menschen an die Natur
Seit Urzeiten schon passt sich der Mensch immer wieder seiner Umwelt an und entwickelt dabei erstaunliche Merkmale. Schließlich setzt sich in der Evolution nur der durch, der sich am besten an neue Gegebenheiten anpassen kann.
Unsere Hautfarbe ist allein schon ein Beweis unserer hohen Anpassungsfähigkeit. Die Hautfarbe der Menschen wird immer dunkler, je näher wir dem Äquator kommen. Die Anpassung der Hautfarbe schützt die Menschen vor der UV-Strahlung und diese Änderung dauerte nur wenige Jahrtausende.
Am Nordpol haben sich die Bewohner an die extreme Kälte angepasst. Durch ihren gedrungenen Körperbau ist bei ihnen der Wärmeverlust deutlich geringer als bei uns Mitteleuropäern. Zudem können sie tierische Nahrung besser verstoffwechseln und haben so die Möglichkeit, sich dadurch extrem einseitig zu ernähren.
Menschen, die in großer Höhe leben, haben sich ebenfalls angepasst. Tibetaner zum Beispiel, die in Höhen von bis zu 4000 Metern leben, kommen mit weniger Sauerstoff aus. Der Stoffwechsel hat sich somit an diese Bedingungen angepasst.
Anpassung der Menschen an neue Realitäten
Anpassung ist absolut notwendig, wenn nicht sogar überlebenswichtig. In der Evolution musste der Mensch viele Anpassungen durchleben, und diese Entwicklung wird sich immer weiter fortsetzen. In der Corona-Krise mussten wir die veränderten Bedingungen wahrnehmen und den Umgang damit lernen. Wir mussten lernen, auf Veränderungen zu reagieren und uns selbst und auch die Allgemeinheit zu schützen. Die Herausforderung lag darin, nicht in Panik zu verfallen, sondern achtsam gegenüber dem gegenwärtigen Moment zu sein. Die Frage besteht entsprechend nicht darin, ob es Veränderungen im Leben gibt, sondern wie anpassungsfähig wir damit umgehen.
Der militärische Angriff Russlands auf die Ukraine veränderte die Sicherheitsordnung in Europa schlagartig. Inzwischen spüren wir die Auswirkungen der “neuen Realität” auch in Deutschland und der ganzen Welt. In allen Bereichen des Lebens ist jetzt ein deutliches Umdenken und geschlossenes Handeln gefordert. Anpassungsfähigkeit an die Zeitenwende heißt das Gebot der Stunde.
Anpassung an gesellschaftliche Veränderungen
Auch Tiere und Pflanzen müssen sich seit jeher an veränderte Umweltbedingungen anpassen, um die Evolution zu meistern und langfristig zu überleben. Diese Erkenntnis aus der Biologie kann auch auf die Wirtschaft übertragen werden. Unternehmen kommen zunehmend in große Schwierigkeiten, wenn sie sich nicht an gesellschaftliche und umwelttechnische Veränderungen unserer Zeit anpassen.
Anpassungsfähigkeit im Berufsleben
Im Berufsleben bedeutet Anpassungsfähigkeit, dass bisherige Verhaltensmuster neu ausgerichtet und bei Bedarf auch abgeändert werden. Es gibt kein starres Beharren auf Althergebrachten, sondern es wird ganz nach Bedarf und der aktuellen Situation entsprechend gehandelt. Anpassungsfähige Personen müssen also zu Veränderungen bereit sein und flexibel handeln können. Das kann sich auf Organisatorisches, auf Arbeitsabläufe und auch auf die innere Einstellung beziehen. Es kann aber auch eine räumliche Flexibilität gefordert sein, also die Bereitschaft des Mitarbeiters, an einem anderen Einsatzort, eventuell sogar im Ausland eingesetzt zu werden.
Im Laufe eines Arbeitslebens gibt es Phasen, in denen man seine eingeschlagene Richtung ändern möchte oder muss. Man stellt sich die Frage, ob der bisherige Weg noch passt. Um die nächsten beruflichen Schritte zu reflektieren und strategisch zu planen, ist es oft gut, sich Hilfe von außen zu holen. Ein Berater, Trainer oder Coach kann helfen, wichtige Fähigkeiten wie Selbststeuerung, Problemlösung oder kreatives und kritisches Denken herauszuarbeiten und neue Perspektiven zu entdecken. Einen Moment innezuhalten, um über das eigene Berufsleben und die eigenen Möglichkeiten Bilanz zu ziehen, kann sehr nützlich sein - auch wenn es manchmal schwierig ist, dies in die Tat umzusetzen, weil man meint, nicht ausreichend Zeit dafür zu haben. Es gibt viele Situationen, in denen ein Coaching Sinn machen kann, helfen kann, die Perspektive neu auszurichten oder auch zu wechseln.